Notation und Performanz

von Christopher Dell

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Der Begriff der Notation steht in der Musik für die grafische Bezeichnung von musikalischen Verläufen. Ganz besonders für die europäische Musik gilt, dass sie eine Notenschrift entwickelt hat, die darauf abzielt Tonhöhen, -dauern und -lautstärken in allen Details festzuhalten. Ihr Anliegen war und ist die perfekte Reproduktion von musikalischen Werken. Der in der europäischen Musikgeschichte vollzogene Paradigmenwechsel von der Mündlichkeit zur Schriftlichkeit hat dabei nicht nur zu einer Entwicklung einer hochgradig detaillierten Notenschrift geführt, sondern auch die Aufführungspraxis selbst entscheidend geprägt. Praxis erschließt sich als „Interpretation“ aus einer Schrift, die bis in alle Einzelheiten in der Lage ist, performative Verläufe zu repräsentieren, abzubilden. In diesem Zusammenhang bewirkt die Trennung von schriftlich fixiertem Text und klingender, aufgeführter Musik auch die zunehmende Trennung von Komposition und Ausführung, von Konzeption und Performanz. Damit einher geht die klare Benennung von Autorenschaft, die unter dem Postulat der Originalität steht. Im Sinne von Marx können wir auch in der Musik von Arbeitsteilung sprechen, die wiederum bestimmte Produktions- und Abhängigkeitsverhältnisse erzeugt. Arbeitsteilung besagt z.B., dass die Klangvorstellung bei einem Autor liegt, während der Ausführende diese möglichst getreu „nachzuempfinden“ hat usw.

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Notation lässt sich zusammenfassend als Prozess Kunst zur Darbietung aufzuschreiben bezeichnen. Allerdings ist dieser Prozess, wie alle anderen Kulturtechniken auch, tradierten Formen und Normen, wie der Auseinandersetzung mit ihnen unterworfen. In diesem Diskursfeld ist die Frage, inwieweit die Bewegung eines Ausführenden jedoch in den graphischen Systemen der neuen Musik noch auf die Zeichen der Notation zurückzuführen, also in dem Sinne repräsentational sind, dass sie die Notation und der Ausführung „abbilden“, genau die Frage, um die es uns geht. Damit wird auch die Problematik der Bestimmtheit, relativen Bestimmtheit oder aber Unbestimmtheit in den Blick genommen.

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