Improvisational Processing

von Christopher Dell

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Turbulente Umgebungen führen Organisationen mehr und mehr in widersprüchliche Prozesse: Reflektion steht gegen Lernen, Lernen gegen Handlung bzw. Geschwindigkeit, Unbestimmtheit gegen Planung, Entscheidung gegen Unbestimmtheit usw. Unser Ansatz der Improvisation als Technologie geht jedoch geht davon aus, dass es sich hier nicht a priori um destruktive Widersprüche handelt, sondern um Komplexität. Eine Unordnung, die konstruktiv genutzt werden kann. Es sind nicht mehr die starken Signale der Umgebung die die Wegweiser für anschlussfähige Entscheidungen darstellen sondern es sind die schwachen Signale, die minimalen Strömungen und flows von Handlungen und Kommunikation.

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Organisationen sind immer öfter damit mit dem Versuch beschäftigt sich selbst und ihre Umgebungen in einen Zustand zu versetzen, in dem die Routinen wieder funktionieren. Anders gesagt: Organisationen, die vormals zur Aufrechterhaltung von bestimmten Routinen in der Veränderlichkeit der Umwelt eingerichtet wurden, stehen heute vermehrt selbst unter dem Druck, sich permanent zu wandeln. Oftmals wird dann mit dem Versuch des „Mehr“ an Planung versucht, der Lage Herr zu werden, was zu einer Konfrontation mit den Dilemmata des Realen führen kann, da sich die Organisation durch jede Planung von den realen Bedingungen entfernt. Wenn eine Organisation improvisiert, agiert sie genau umgekehrt: sie scannt die Möglichkeiten, die Potentiale die in einer Situation vorhanden sind um diese anschlussfähig und nutzbar zu machen. Wenn aber Organisationen keinen Zugang zu dem Potential der Improvisation haben, wenn Mehrdeutigkeit durch Ordnung und Improvisation durch Routine ersetzt wird, nimmt ihre Befähigung zur differenzierten Wahrnehmung von und aktivem Umgang mit Wandel ab.

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Man könnte sagen, dass Organisationen, die sich wandeln wollen, gut daran tun, Metalernen zu fördern und Improvisation zur Routine zu machen, sprich improvisationale Tätigkeiten und Denkweisen in alltägliche Aktivitäten einzuweben. Vermittels Improvisation bringt sich eine Organisation permanent auf den neusten Stand und ermöglicht so eine antizipatorische Haltung zum Wandel ohne ihm ausgeliefert zu sein. Dieses Bild von einer Organisation ist ein anderes als eines, das Organisationen als Gebilde interpretiert, die auf Veränderungen nur reagieren und Wandel so lange ausblenden, wie irgend möglich. Diese Bild basiert darauf, zu ignorieren, dass Organisationen dauerhaft an der Gestaltung ihrer Umwelten partizipieren, ob sie es wollen oder nicht. Improvisation als Organisationsmodus erkennt diesen Fakt nicht nur an, sondern sucht aktiv mit ihm zu spielen. Das bedeutet, dass Improvisation Akteuren nicht ein Weniger, sondern ein Mehr an Verantwortung zuweist. Zu beachten gilt: Improvisation ist keine spezifische Reihe von Handlungen (Hegel) sondern spielt sich auf der Metaebene ab. Improvisation könnte eher gedeutet werden als eine Art und Weise Handlung so zu organisieren, dass eine Situation ihr Potential voll ausschöpfen kann.

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