Christopher Dell: Partituren zwischen Mapping und Notation
Organisationspartituren können als ‚cognitive mappings‘ gelten, insofern sie als ein zeichenhaftes Konstrukt raum-zeitlicher Lern-und-Orientierungsprozesse1 verstanden werden. Organisationspartituren basieren wie ‚cognitive maps‘ auf Vorstellungsräumen, die als subjektive Abbilder physisch existierender Verläufe gelten können. Allerdings sind Partituren nicht nur Raum-, sondern auch Zeitabbildungen, d.h. ihre relationale Aufzeichnung von Raum- und Zeiterlebnissen, Orientierungen sind nicht auf die Frage von Entfernungen oder Merkpunkten zu beschränken. Des Weiteren wohnt ihnen ein Notationsaspekt inne, der gerade dadurch verstärkt wird, dass eine Partitur nicht nur auf die performative Produktion von Wissen verweist, sondern auch performativ wirkt: Sie kann von Musikern gespielt werden. Der Notationsaspekt ist deshalb wichtig, weil es nicht nur darum geht, wie man sich orientiert, sondern auch darum, wie wir Orientierung herstellen. Dadurch erreicht die Partitur ein strategisches Level: Sie kann, so unsere Vermutung, auch als Lern- und Problemlösungsstrategie eingesetzt werden, und zwar in der Vergegenwärtigung von Vorstellungsräumen als Wissensreservoir. Es geht dabei nicht darum, etwas zu repräsentieren (also abzubilden), sondern darum, sich darüber klar zu werden, was qualitativ mit einer Organisation los ist. In dem man den musikalischen „Kanal“ öffnet2, erschließt man sich sozusagen in zweidimensionaler, aber musikalischer Weise Zusammenhänge nicht-linearer Muster und Strukturen von Organisationen. In dem der Fokus auf die abstrakte mediale Ebene der Musikalität einer Organisation gesetzt wird (also vor und beim Zeichnen der Partitur gefragt wird: Wie klingt die Organisation?), versuchen wir ein „radiales Denken“ auszulösen, das sprachliches und bildhaftes Denken synthetisiert in eine bewusste Opposition zu linearen Texten oder Zeichenabfolgen stellt.3 Es könnte also von einem Oszillieren zwischen zweidimensionalem Überblickswissen, mehrdimensionalen Organisationswissen und sinnlicher, musikalischer Ästhetik gesprochen werden.
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