Musik und Klang als Medium der Organisationskultur?

Musik und Klang als Medium der Organisationskultur?

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Ist es möglich, die Kultur einer Organisation als Musik wahrzunehmen? Gibt es neben dem visuellen Erscheinungsbild einer Organisation auch ein auditives Erscheinungsbild? Können sich Organisationen und Unternehmen „musikalisch“ organisieren? Kann Musik und Musiksprache eine Organisation „stimmiger“ machen? Können wir Qualität hören?

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Inwieweit eine Organisation oder ein Unternehmen „innovativ“ ist oder ob Veränderungsprozesse in Organisationen gelingen – das hängt maßgeblich von der Kultur einer Organisation ab. Das ist in der Organisationsforschung heute unbestritten. Aber: Kulturen und Interaktionen in Unternehmen und Organisationen werden – genauso wie Abläufe und Strukturen – meist durch Grafiken, Schrift und Sprache dargestellt. Emotionen, Einstellungen oder Ansichten – also wichtige Elemente zur Erschließung persönlicher Ressourcen – werden dabei nicht abgebildet. Damit fehlen wichtige Grundlagen für die handlungsleitenden mentalen Modelle der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Analyse und Vermittlung von Organisationskultur vor allem durch Zeichen und kognitiv-visuelles Material (Grafiken, Sprache) bedeutet also eine Beschränkung, die insbesondere die wichtigen nicht-kognitiven Elemente von innovativer Organisationskultur ausblendet.

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Könnten die Kulturen, in denen die Organisationsmitglieder leben bzw. arbeiten, klanglich bzw. musikalisch hörbar gemacht werden, wäre dies eine Möglichkeit, das im Arbeitsalltag fast ausschließlich genutzte Kommunikationsmedium „Sprache“ sensorisch-emotional zu ergänzen. Das genau ist das Ziel des Projektes Organisationskultur und Musik – Innovation und Improvisation in Unternehmen (Music – Innovation – Corporate Culture – www.micc-projekt.org)

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Die Kultur von Unternehmen und Organisationen kann über den Kanal der Musik wahrnehmbar und gleichzeitig als Feedback an die Führungskräfte, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zurück gespiegelt werden. Notwendige Lern- und Veränderungsprozesse in der Organisation können über diesen Weg besonders angeregt und unterstützt werden. Die Energie, die in einer lebendigen Organisationskultur „schlummert“, kann für Veränderungsprozesse und Innovationen, aber auch für die gerade heute notwendigen stabilisierenden Vergemeinschaftungsprozesse (Zusammengehörigkeit, geteilte Werte und geteiltes Wissen) flexibler und effektiver genutzt werden!

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„Könnte man die Qualität von Organisationen oder Organisationseinheiten und ihrer Kultur in Musik umsetzen, so würde man hören, ob die Qualität von Arbeitsprozessen oder Entscheidungen, von Arbeitsgruppen, Abteilungen oder ganzen Organisationen „gut oder schlecht“ ist – und unter besonders günstigen Umständen würde man sogar den Musikstil hören können. Stellen Sie sich den Klang Ihrer Organisation oder Ihres Unternehmens, Ihrer Arbeitseinheit oder Abteilung vor: vernehmen Sie mehr Dissonanzen oder mehr Harmonien? Ist die Musik langsam und getragen oder lebendig und anregend? Was ist der Grundrhythmus Ihrer Organisation? Hören Sie Klassik, Jazz oder Techno …?“ (Wolfgang Stark 2002, S. 213)

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Rein rational arbeitende Forscher und Berater in Organisationen sind oft wie taube Beobachter, die in einen Raum kommen, in dem jemand Geige spielt. Sie beobachten den Spieler und sein Instrument, nehmen die Schwingungen mit ihren Messgeräten auf und sind in der Lage, aus ihren Messungen bisweilen sogar Rückschlüsse auf Tonlage und Form der Komposition ziehen. Sie werden jedoch nie von der Sinneswahrnehmung des Klangs erfahren, nicht zu reden von dem, was Musik als “Gehörtes” an Erfahrung bietet oder auslöst.

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Bisher übliche Organisationsanalysen arbeiten weitgehend mit kognitiven Modellen und haben den rationalen Teil von Organisationen hervorragend erfasst. „Flach“ sind diese Analysen dennoch, weil sie sich vor allem auf direkt erkennbare Parameter beziehen und auf Zählbares rekurrieren. Das funktioniert sehr gut bei hierarchischen Organisationen. Je flacher jedoch Hierarchien werden und je komplexer damit die Organisation, umso mehr werden jene weichen Faktoren der Vergemeinschaftung bedeutend, die Tiefe haben. Deshalb wollen wir in diesem Projekt nach einer Tiefendimension fragen, die über rationale Modelle hinausgeht

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> Ausgehend von Musik als Modell von Organisation einerseits, und vom Wissensstand zu Organisationskultur und ihrer Veränderung andererseits gilt es, neue Erfahrungshorizonte des Organisierens und Managens zu erforschen, denn:

> Musik kann die Komplexität (der Kulturebenen) einer Organisation zeitgleich darstellen, da Musik über verschiedene Ebenen und Dimensionen (z.B. Melodie, Harmonik, Rhythmus) verfügt, die eine komplexe Darstellung zulassen.

> Musik ist ein Analyseinstrument, um Störungen bzw. Disharmonien, aber auch Harmonien aufzudecken.

> Musik ist als Impuls zur Selbstreflexion (Feedback) und zur Evaluation der Organisation und ihrer Kultur besonders geeignet, da sie jenseits von Sprachcodes operiert und als unmittelbares Feedback fungieren kann. Als universale Sprache ist Musik ggf. zudem in der Lage ist, auch die Subsysteme einer Organisation zu überbrücken und die Organisation in Gänze zu erreichen.

> Das musikalische Feedback regt das System „Unternehmen“ bzw. „Organisation“ an und ermöglicht eine positive Neuordnung des Systems.

>Das Ohr ist ein bedeutendes, oft vernachlässigtes Wahrnehmungsorgan, welches dem optischen Sinn weit überlegen ist! So lässt sich zeigen, wie Organisationen durch kontinuierliche Veränderung weiterentwickelt werden. Ein Tatbestand, der nicht gleich sichtbar, jedoch u. U. hörbar ist.

> Erfolge oder Misserfolge werden durch bestimmte immer wiederkehrende Verhaltensmuster bestimmt. Welche (wiederkehrenden) Muster von Organisationen werden durch Musik sichtbar?

> Gutes Management und gute Organisation tragen zum Organisationserfolg bzw. zum Überleben der Organisation bei. Wie hört sich eine Organisation an, die gut funktioniert? Das erzielte Klangergebnis solcher Organisationen könnte ein mögliches Benchmarkinginstrument für den Vergleich von Unternehmen sein.

>Gibt es pathogene oder förderliche Muster? Partiell problematische Muster (Hemmnisse) bzw. Treiber in Organisationskulturen können durch Musik besser identifiziert und gezielt bearbeitet werden.

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