Von Künstlern lernen – wie die Kunst der Improvisation Unternehmen innovativer macht

Von Künstlern lernen – wie die Kunst der Improvisation Unternehmen innovativer macht

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Autor

Oliver Bluszcz, Universität Duisburg-Essen, Germany

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Abstract zur Tagung

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Neuartige und wirkungsvolle Methoden zur Optimierung der Innovationsfähigkeit von Unternehmen zu entwickeln, ist Ziel des einzigartigen Projekts Music – Innovation – Corporate Culture, kurz: MICC. Jenseits von traditionellen Innovationsstrategien werden in diesem Vorhaben Innovationspotentiale mit dem Ansatz des Musikalischen Denkens, also über den künstlerischen Zugang der Musik, erschlossen und weiterentwickelt.

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Angesichts zunehmend komplexer erscheinender Umwelten und hoch getakteter Organisations-Prozesse, führen veraltete Erfolgs- bzw. Handlungsmuster selten zu dauerhaftem Erfolg. Im MICC-Verbund wurde erkannt, dass eine wesentliche Kompetenz zur Bewältigung dieser Herausforderungen in der Fähigkeit zur Improvisation besteht. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, Improvisation nicht als Reparaturmodus zu verstehen, sondern vielmehr als intelligente Technologie, um mit dem Unerwarteten, dem Nicht-planbaren, konstruktiv umzugehen zu können. Improvisieren kann allerdings nur die oder der Fähige: d.h. Improvisations-Können, wie es zum Beispiel im Jazz von allerhöchster Bedeutung ist, erfordert ein abrufbares Repertoire von Mustern bzw. Patterns, welche in Variationen in der Jazz-Improvisation angewendet bzw. gespielt werden. Um diese Muster schnell, nahtlos und passend einsetzen zu können, müssen diese stetig eingeübt und geprobt werden. Das sechsköpfige Jazz Ensemble DRA², unter der Leitung des Vibraphonisten Christopher Dell, machte mit dem Improvisationsprojekt „Organization in Real-Time“ auf der Abschlusskonferenz des Forschungsvorhabens MICC eindrucksvoll hörbar, wie musikalische Prozesse fernab von traditionell komponierter Musik, bemerkenswerter Weise dennoch, nämlich performativ organisiert werden und entstehen. Erstaunlich, denn trotz einer unscharfen Regie-Anweisung führt die Jazz-Improvisation zu einem „scharfen“ musikalischen Ergebnis.

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Handlungs- und Problemlösungswissen, so die zentralen Ergebnisse von MICC, sind in Organisationen ähnlich wie bei Jazz-Musikern als Muster vorhanden. Musikalisches Denken eröffnet hier die Möglichkeit die gelebten Muster des Erfolgs- aber auch die des Misserfolgs über die Musik als mediale Praxis zu erforschen, zu erkennen, offen-prozesshaft abzubilden und somit für Selbsterkundungs- und Lernprozesse nutzbar zu machen. Erfolgsmuster bzw. innovationsförderliche Muster des Organisierens können darüber hinaus als Wissen in Form von Mustern oder engl. Patterns, wie Beispielsweise in der Architektur oder Softwareentwicklung bereits gängige Praxis, expliziert, geübt und für die Organisationsentwicklung nutzbar gemacht werden.

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Organisationen musikalisch denken – Muster der Organisation erkennen und verstehen – Improvisation lernen – Innovation ermöglichen: Die Abschlussveranstaltung des Projekts MICC zeigte eindrucksvoll anhand von konkreten Beispielen, insbesondere mit künstlerischen Ansätzen aus Theater, Tanz und Musik wie mit Improvisation als Technologie, auf performativem Wege Ergebnisse produziert werden. Erkenntnisse aus dem modernen Konzept-Fußball ergänzten diese Beiträge und zeigten die Bedeutung der Improvisationsfähigkeit für das erfolgreiche Agieren eines Teams auf. Über 70 Expertinnen- und Experten, darunter der Innovationsexperte Manfred Moldaschl von der TU Chemnitz, Hajo Neis von der University of Oregon (USA) als Experte für Mustersprachen in der Architektur, der OE Experte Gerhard Fatzer (Schweiz) und Ursula Bertram aus dem Bereich Kunst und ihre Didaktik der TU Dortmund sowie weitere Expertinnen und Experten aus verschiedenen Wissenschaftsbereichen, aus dem unternehmerischen Innovationsmanagement, der Organisationsentwicklung sowie der Musik, erfuhren und diskutierten die Ergebnisse des Verbundvorhabens MICC. Bemerkenswert war überdies die Darstellung der Ergebnisse und Diskussionsinputs: Das MICC Forschungsteam erweiterte die sonst übliche Form der Vortrags-Präsentation und nutzte beispielsweise Diskussionsrunden und Pre-Conference-Workshops, um vor allem praxisrelevante und anwendungsbezogene Ergebnisse des Verbundvorhabens vorzustellen. Dies sind insbesondere Gesprächskonzerte, Organisations-Partituren Workshops und Improvisationslabors, die über die Musik einen ästhetisch-performativen Zugang zu Organisationen und deren Kulturen als Wissens- bzw. Erfahrungsspeicher finden. Besonderheit ist hierbei, dass diese Methoden als Analyseinstrumente für die Organisationsforschung selbst im Projekt angewendet wurden, sich aber ebenso als Tools für OE-Prozesse eignen. Die Wirksamkeit des musikalischen Ansatzes von MICC konnte bei Designprozessen gezeigt werden. Der Verbundpartner Fuenfwerken Design AG erprobt diesen Weg bereits erfolgreich bei der Entwicklung von neuen Erscheinungsbildern (Corporate Designs) für Unternehmen.

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Der musikalische Weg soll auch in Zukunft weiter gegangen werden: Derzeit treiben Wolfgang Stark und sein Team die weitere interdisziplinäre Vernetzung der Forschungsergebnisse voran und optimieren die Anwendbarkeit der entwickelten Methoden für die Organisationsentwicklung. Für den Winter 2011/ 2012 ist eine umfassende Abschlusspublikation zu erwarten.

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Die zweitägige Abschlusskonferenz des Verbundvorhabens Music – Innovation – Corporate Culture fand am 13. und 14 Juli 2011 in den ehemaligen Werk- und Maschinenhallen des Welterbes Zollverein in Essen statt.

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Link zum Programm: http://www.micc-project.org/wp-content/uploads/Aktualisiertes_Programm_der_MICC_Abschlusstagung2011_kl.pdf